Mittwoch, 6. Dezember 2017

Sie können es nicht - Architektur ohne Profession?

Sie können es nicht - wenn Architekten und Ingenieure in Deutschland größere Strukturen bauen sollen. Sinngemäß lese ich in letzter Zeit immer häufiger Artikel und Kommentare in der deutschen Presse.
Als Beispiel werden die bekannten Projekte wie

  • Flughafen Berlin
  • Elbphilharmonie Hamburg
  • Bahnhof Stuttgart
  • etc.

angeführt. Fehlt es bei Architekten und Ingenieuren an den Fähigkeiten zur Konstruktion, Baukoordination und Budgettreue? Warum diese negative öffentliche Meinung über die technisch Handelnden?

Bei privaten Bauvorhaben können Architekten und Ingenieure mit ähnlichen Bauvorhaben weltweit gut bestehen. Aber wohl nur schwer bei öffentlichen Projekten innerhalb Deutschlands. Was passiert, wenn der Bauherrenvertreter die Politik ist? Wie weit geht Verantwortung, wenn die Baukosten und der eventuelle Schaden von anderen, der Gemeinschaft getragen wird.

In diesen Tagen hat die deutsche Politik nach Jahren des untätigen Verharrens nun die Wohnungsnot aufgrund hoher Mietpreise in den Städten "entdeckt". Wie wenn diese,  für den größten Teil der Gesellschaft nicht mehr tragbare Situation, über Nacht entstanden wäre - jetzt herrscht in allen Fraktionen Einigkeit in der Forderung:

  • Viele Wohnungen müssen her, in kurzer Zeit und billig müssen sie sein. Natürlich bei höchster Qualität, notfalls gesichert durch Baugesetzgebung. Die Architekten und Ingenieure sollen es endlich richten. Hoffentlich können sie es!


Stuttgart wird hoffentlich irgendwann Mitte der 20er Jahre seinen Bahnhof in Betrieb haben. Politiker werden die Einweihungsfeiern zelebrieren. Der Steuerzahler wird Milliarden Euro Mehrkosten gezahlt haben. Die öffentliche Meinung schimpft über die Architekten und Ingenieure - sie können es nicht.

Die Wohnsituation wird sich bis dahin auch in Stuttgart nicht wesentlich geändert haben. Die Mietpreise sind dem Durchschnittseinkommen auch dann nicht angepasst. Die Wohnungsfrage könnte ein Dauerthema sein.

Vielleicht setzt man auch Hoffnung auf die Aufenthalts- und Wohnmöglichkeiten in schönsten Bahnhof Deutschlands. Hier wird es luxuriös, sauber und warm sein, bei guter Infrastruktur.

Montag, 21. August 2017

Form follows fun - ein Studientipp




Für den Architekten ist der Blick durch Glas in Räume hinein und aus Räumen hinaus nichts Ungewöhnliches. Im Gegenteil, eher selbstverständlicher Teil seiner gestalterischen Arbeit. Jedoch ist das Glas in der Regel flächig und immer ein industriell gefertigtes Produkt.

Neue Sichtweisen auf Glas und durch Glas erfahren Sie im Europäischen Museum für modernes Glas, Rosenau bei Coburg. Nur handwerklich gefertigt, mit höchstem Anspruch bei künstlerischem Ausdruck und bei der Herstellung.
Also ein Ereignis für alle Kunst und Design begeisterte Menschen, Und auch das Motto der Glaskünstler aus den 60er Jahren "form follows fun" ist für den funktionsorientierten Architekten eher Aufmerker und Reiz.

Ich empfehle Ihnen sich den "anstrengenden" Besuch voller Ideen und Anregungen zu gönnen. Sie werden auch einen bekannten Kollegen mit einem genussvollen Entwurf entdecken.
Etwas schlichter können Sie sich dann auch bei Bratwurst und Bier in der Region erholen und das Gesehene verdauen.

kunstsammlungen-coburg

Sonntag, 20. August 2017

Mach dein Leben (Wohnen) leichter!

In der Stern-Ausgabe Nr. 33, 2017, las ich einen Artikel der Autorin Maike Winnemuth mit großem Erkenntnispotential. Erinnert war ich auch an meinen eigenen Post "Minimalismus im Wohnungsbau".

Frau Winnemuth berichtet, wie Sie nach einer einjährigen Weltreise und einem Leben aus dem Koffer, wieder Zuhause angekommen, begann Ihr Leben zu entrümpeln. Ihrer eigenen Erkenntnis zufolge hatte Sie auf der Reise nur wenig Ihres materiellen Besitzes vermisst.
Die Lebenserleichterung begann mit einem Umzug von einer 200 qm Wohnung in ein 38 qm Appartement. Dies gab Gelegenheit, Vieles aus einem reichen Leben zurück zu lassen, ohne ärmer zu werden.

Ein Verhalten, das sicherlich in dieser Konsequenz nicht der Weg der meisten Lebensgenossen Ü50 sein wird. Viele Gegenstände und Erinnerungen, im günstigen Fall auch Eigentum, sind angesammelt, von denen wir uns in der gegenwärtigen Lebenssituation nicht unbedingt trennen müssen. Jedoch auch uns gut "eingerichteten" kann das Schicksal jederzeit zur Veränderung zwingen.
Anders sieht die jüngere Generation jedoch auf unsere und ihre Lebensart. Für wen Sharingmodelle und Streamingdienste ständig genutzte Lebensrealität sind, wird seinen Wohnraum wohl kaum als Lagerfläche für selten brauchbares Eigentum missbrauchen.

Und spätestens dann sind wir Architekten im Spiel. Für diese Klientel sind andere als die klassischen Grundrisslösungen gefragt. Diese Wohnformen fordern mehr Gemeinschaftslösungen als Individualraum. Status bildet sich wenig in Wohnlage, formaler Architektur und Eigentum ab. Vielmehr steigt das Interesse am tatsächlichen Gebrauchswert der Wohnung, der Architektur und der Freiflächen.
Falls uns "älteren" Architekten aufgrund von Lebenserfahrungen die in dieses Thema eventuell schwerer fällt, so ist es sicherlich den jüngeren Kollegen gegeben mit eigenen Wohnerfahrungen Architektur in dieser Richtung weiter zu entwickeln. Man kann es sich für die Zukunft kaum erlauben, diese "Minimalisten" mit ihren zukunftsweisenden Ansprüchen links liegen zu lassen.

Mittwoch, 31. Mai 2017

Das neue Frankfurt - Wohnungsbau


Das "Neue Bauen" ließ in den Jahren 1925 bis 1930 in Frankfurt unter Leitung von Architekt Ernst May ca. 15000 Wohneinheiten in Mehr- und Einfamilienhäusern entstehen. Die Rahmenbedingungen der Zeit ähnelten mit Wohnungsmangel bei hoher Nachfrage, hohen Mietpreisen, hohen Baukosten und Grundstückspreisen teilweise unser Gegenwart. Die Antwort des Frankfurter Magistrates und der Stadtverordnetenversammlung auf die Herausforderungen bestand in der starken Unterstützung einer neuen Siedlungspolitik.

  • Die Instrumente des "Neuen Bauens" waren in wesentlichen Punkten:
  • Steigerung des Wohnungsbaus mit einem Wohnungsbauprogramm
  • öffentliche Finanzierung
  • einheitliche technische Richtlinien
  • Städtebau und Bodenpolitik
  • effektive Geländeerschließung
  • Hoch und Flachbau mit starker Durchgrünung
  • Typisierung und Normierung  von Grundrissen und Bauteilen
  • Industrielle Fertigungsverfahren.

Ein Besuch des Ernst May Hauses in der Siedlung Römerstadt sowie ein Rundgang durch die Quartiere des Niddatals hat Erkenntnispotential. Insbesondere wenn Interesse am kostengünstigen Wohnungsbau besteht (siehe auch meinen Post vom 18.02.17 und 24.02.17) warten hier Impulse, wohl 90 Jahre alt, aber in Teilen auch aktuell. Als Lektüre ist die Faksimileausgabe der im Jahr 1930 erschienen Monatshefte "Das neue Frankfurt - Fünf Jahre Wohnungsbau" zu empfehlen.

Das Schlechte zum Schluss. Die ABG Frankfurt Holding zeigt den Respekt vor dem kulturellen und baulichen Erbe leider nur gering. Wäre es nicht möglich weniger finanzielle Mittel bei Sanierungs- und Neubauprojekten für Passivhausstandard mit geringem Mehrwert zu "verbrennen", dafür den denkmalgeschützten Wohnanlagen wenigstens ein würdiges Äußeres zu geben. Machen Sie einen Besuch, dann wissen Sie was ich meine.

Dienstag, 23. Mai 2017

Küchen im Mietwohnungsbau- 2.Akt

Mit großer Freude lese ich die Glosse im DAB, Ausgabe Bayern, 05.17.

Mein Post vom 21.02.17 kommt mir wieder in Erinnerung. Dann war das doch ein interessantes Thema, das auch Herr Heiko Haberle hier nochmals aufgekocht hat.

Ich denke, viele Kollegen haben es sich in der Vergangenheit sehr einfach gemacht. Bei Wohnungsbau-Wettbewerben werden in den meisten Grundrissen schon keine Küchenräume mehr geplant. Viel einfacher ist die offene Küchenzeile, schnell gezeichnet und doch so schick und modern. Ein Stück Wandfläche ist im multifunktionalen Wohnraum immer frei. Und auch in der späteren Planung sieht man keine Notwendigkeiten.

Danke Herr Haberle für Ihre treffende und unterhaltende Analyse. Architekten schulden ihren Bauherr-innen Erfolg.

Freitag, 5. Mai 2017

Energiesparen - und was dann? (Prolog)

Gibt es Gemeinsames bei einem Auspuff und der EnEV?

Erinnern Sie sich noch? Noch im Jahr 2015 haben wir den deutschen Politiker beglückt, wenn wir uns ein neues Diesel-Fahrzeug gekauft haben. Jeder Käufer hat Arbeitsplätze gesichert und sich für die Erreichung deutscher Klimaziele eingesetzt. Wenn schon ein PKW, dann einen Diesel - wegen geringerem Energieverbrauch und damit auch geringerem CO2 Ausstoß. Damals gab es noch keine Stickoxide, jedenfalls hat sich keiner dafür besonders interessiert. Und wir verantwortungsvolle Konsumenten sind den Umweltempfehlungen so lange gefolgt, bis in Deutschland der Dieselmotor eine Erfolgsgeschichte wurde und per Stückzahl der Fahrzeuge heute ist.

Sie kennen den weiteren Verlauf und das böse Ende? Natürlich VW, der größte deutsche Autobauer mit erstklassiger politischer Aufsicht, musste den Dieselmotor noch sauberer als sauber machen, wenn auch mit "unsauberen" Mitteln. Und jetzt sind wir Dieselfahrzeugfahrer vom verantwortungsvollen Menschen zum Umwelttäter mutiert, verantwortlich für die mangelnde Gesundheit der Stadtbevölkerung, insbesondere der Kinder. Umweltverbände und Politik sehen nun nur noch den "Mörder" Stickoxid aus dem Auspuff unserer Fahrzeuge kommen. Bürgermeister prognostizieren Fahrverbote in Städten. Wenn Dieselfahrer ihren Geschäften auch in Zukunft nachkommen wollen, kaufen Sie sich schnellstens ein umweltfreundliches Fahrzeug, möglichst beim jetzigen Umweltkonzern VW, natürlich mit vermindert nutzbarem Elektoantrieb. Und selbstverständlich wieder auf Ihre Kosten, als Ihr persönlicher Umweltbeitrag.
Und wie lange hat dieser beschriebene Wandel gedauert? Keine schnellen 3 Jahre.

Wenn Sie bis hier her die Lektüre durchgehalten haben und sich fragen, was das alles mit Architektur und Energiesparen zu tun hat, bedenken Sie, das ist nur der Prolog zum eigentlichen Thema. Der eigentliche Post kann bereits in Ihrem Kopf entstehen, wenn Sie an die gigantischen Berge denken, wenn die vom Gesetzgeber und EnEV erzeugte wertvolle Wärmedämmung mit all den organischen Spachtelmassen sich zum Sondermüll  verwandelt. Wenn die Heizungen und Öfen für nachwachsende Brennstoffe zur Waldzerstörung betragen und größten Gefahr der Biotope werden, zu die Gesundheit belastenden Feinstaubschleudern werden. Wenn Ihre hochtechnischen  Solar- und Photovoltaikanlagen .............

Denken Sie mal darüber nach, was alles ganz schnell Wirklichkeit werden kann. Viel schneller als man jemals gedacht hat.
Eine schöne Zeit noch!

Dienstag, 2. Mai 2017

Ausstellung - Bezahlbares Wohnen

Das Zentrum Baukultur Rheinland Pfalz in Mainz präsentiert die Ausstellung "Bezahlbares Wohnen" in ihren eigenen Räumen. Sicherlich ein Schwerpunktthema in Zeiten von Wohnungsmangel und damit verbunden hohen Mieten und Kaufpreisen, dem ich mich mit großem Interesse und Erwartungen in Bezug auf Impulse angenommen habe. Vorgefunden habe ich eine sehr textlastige Ausstellung, die für mich wenig Zukunftweisendes geboten hat.
Zudem hat mir die schlechte Präsentation das Lesen der Inhalte sehr erschwert und nach kurzer Zeit die Freude und den anfänglichen Enthusiasmus genommen. Von einem Zentrum für Baukultur erwarte ich auch in diesen scheinbar profanen Dingen der Wissensvermittlung mehr.
So bleiben für den Besucher wohl lediglich die altbekannten Aussagen der Politik, dass dringender Handlungsbedarf  bestehe, damit ausreichend bezahlbarer Wohnraum zur Verfügung gestellt und so auch der soziale Frieden erreicht werden könne. Für mich hat sich jedoch der Anspruch, welchen entscheidenden Beitrag Architektur und Städtebau leisten können, um neue Lösungsansätze für kostengünstiges Bauen und damit auch bezahlbare Mieten zu finden, nicht erschlossen.

Für Interessierte, die sich die Mühen ersparen wollen, bleibt noch das Buch zur Ausstellung: "Bezahlbar. Gut. Wohnen. Strategien für erschwinglichen Wohnraum" (Dömer, Drexler, Schultz-Granberg, Jovis, 2016). Da ich es nicht vor Ort erwerben konnte habe ich mir die weitere Lektüre erspart.

http://www.zentrumbaukultur.de/veranstaltungen/aktuelle-veranstaltungen/artikel/article/ausstellung-bezahlbares-wohnen.html

Dienstag, 14. März 2017

Phaeno und der öffentliche Raum


Das Raumschiff ist gelandet. In Wolfsburg, schon im Jahre 2005. Auf die Erde gebracht von der Stararchitektin Zaha Hadid. Beschrieben mit Worten wie "diesseits wie jenseits bisheriger Grenzen des technisch Machbaren... und einer den Bau umgebenden architektonischen Landschaft mit sanften Hügeln und Tälern... und gibt im Erdgeschoss einen vielfach erlebbaren Stadtraum frei."

Ich habe den Landeplatz 2016 erlebt, das Raumschiff ist immer noch geparkt, mit zehn Cones fest im Untergrund verankert. Der Tag war, wie man auf den Fotos erkennen kann, sonnig und schön. Aber der Landeplatz schien mir immer noch wie zufällig ausgewählt, mit Abstand zum Stadtraum, irgend wie auch nach einem Jahrzehnt planiert von der enormen Antriebsenergie des Raumschiffes. Und das Erdgeschoss wollen wahrscheinlich auch Sie nicht erleben, weil selbst an einem Sommertag zugig, ab der Dämmerung eher ein Abenteuerparcours in Beton mit Gruselfeeling. 

Ich erinnerte mich angesichts dessen an anderswo erlebte Plätze im Stadtraum, mit Aufenthaltsqualität und einen real gefühlten Wohlfühleffekt. Im ehemaligen Industrierevier in NRW kann man sehen wie Brachen rekultiviert werden. In Wolfsburg scheint mir dies noch nicht gelungen, vielleicht auch nicht gewollt. Autos rollen am besten über Betonpisten.



Samstag, 4. März 2017

Energiesparen- und kein Ende

Ermüdet blicke ich auf mehr als zwei Jahrzehnte der Diskussionen zum Thema Energiesparen und EnEV. Im Boulevard gab es populäre Information für den Bauwilligen, in Fachzeitschriften gibt es noch immer die Zukunftsversprechen der Industrie sowie deren Lobbyisten; weniger kamen die besonnenen aber leidenschaftlichen Kritiker zu Wort. Alle Thesen zum für und wider unterlegt mit Studien und Untersuchungen, deren Inhalte in ihrer Widersprüchlichkeit dem  Bauschaffenden wenig Orientierung bieten konnten. Und vorwärts getrieben wurden das Thema Jahr für Jahr durch die EnEV und einschlägige Gesetze und Verordnungen. Politiker wurden zu Fachleuten für Passivhäuser. Zeitweise hatte ich den Eindruck, Architektur wird hauptsächlich vom Energieberater und nur wenig vom Architekten gestaltet. Zwischendurch verloren selbst die Architektenkammern die Möglichkeit, Kompetenz auch im Bereich Energiesparen für ihre Mitglieder zu sichern. In diesem Klima sahen es viele Kollegen für angeraten, keinen Opportunismus zu zeigen. 
Jedenfalls in meiner beruflichen Zeit ist es seit den 70er Jahren ein Planungschwerpunkt, ein Gebäude auch bezüglich des Wärmeschutzes und der Klimatisierung für die Nutzer zu optimieren. Diese Leistung schulden seit je her Architekten ihren Auftraggebern so selbstverständlich, wie der Tragwerksplaner ein standsicheres Gebäude schuldet. 
Hat es diesen Hype für die Verringerung von Energieverbrauch bei der Nutzung von Gebäuden gebraucht? Industrie und Politik sagen alternativlos ja. Sind wir Architekten so verantwortungslos, dass sich ohne gesetzlichen Zwang keine Entwicklung ergeben hätte? Ich sage nein. 
Baukonstruktion verwirklicht keine Bauideologien und Bauideale. Die Planung sucht den größten gemeinsamen Nenner aller Anforderungen. Architekten begreifen sich wieder weniger als Erfüllungsgehilfen der Energiesparlobby. Jedoch muss auch erwähnt werden, dass das "Maximum" des Energiesparens aus der Vergangenheit heute kaum noch zu relativierende gesetzliche Planungsgrundlage ist.
Im Wohnungsbau sind die heutigen Anforderungen mit ihrer rechnerisch ermittelten Energiesparversprechung reine Theorie. Die Praxis zeigt ganz andere Verbrauchszahlen, ebenso Bau- und Nutzungskosten. Wer die Möglichkeit hat, das Verhalten von Ein- und Mehrfamilienhäuser mit unterschiedlichen Energiestandards über Jahrzehnte bezüglich der Herstellungs-, Unterhalts- und Verbrauchskosten zu analysieren, wird zu dem Ergebnis kommen, dass Rentabilität nicht besteht. Im Einfamilienwohnhaus bezahlt der "energiesparende" Bauherr seine eigene Rechnung - jeder ist seines Glückes Schmied. Jedoch im Mietwohnungsbau zahlt der Mieter trotz geringerem Energieverbrauch eine höhere Rechnung.
Wohngebäude werden nicht zu dem Zweck gebaut, menschenleer zu stehen, aber mit einer Messsonde ausgestattet, die positive Energiedaten direkt in die Rechner der Energielobbyisten überträgt, damit die zuvor erwähnten Studien entstehen können. Nein, die Nutzungsinhalte des Wohngebäudes bestimmt natürlich der Mieter und Nutzer. Und der ist auch ein Mensch, der gerne eine Zigarre im Wohnraum raucht oder auch im Winter nur bei offenem Fenster schlafen kann. Oder er ist ein Mensch, der sich die Verwirklichung seiner Vorstellungen leistet und nicht spart.
Und so habe ich Wohnhäuser besichtigt, die kellerraumfüllende Anlagen zur Wohnraumlüftung beherbergten. Der Restwärmebedarf der Wohnungen wurde über beheizbare innere Fensterscheiben gedeckt. Alles wohl berechnet und teuer bezahlt. Jedoch in der Konstruktion innovativ, zukunftsweisend, höchst sparsam und klimafreundlich beschrieben. Ein Stolz des Energieberaters und Planers. Beim Rundgang um das Gebäude standen dann in 25% der Wohnungen bei winterlichen Temperaturen mehre Fenster in Kipp-Stellung. Der Planer hatte nicht mit dem Nutzer gerechnet. Und der lässt sich, wenn überhaupt, nur langsam, sehr langsam erziehen. 
Aber das ist sicherlich nicht Aufgabe des Architekten. Denn dessen Planung sollte den Rahmen für eine Vielzahl von Nutzungsmöglichkeiten geben - den größtmöglichen Raum zum Leben. Und wie wir bereits wissen, den größten gemeinsamen Nenner aller Anforderungen, also auch der Kosten, suchen.
In diesem Sinn, lasst Vernunft und Fachverstand walten und weniger Ideologie.

Freitag, 24. Februar 2017

Minimalismus im Wohnungsbau

Kosten optimieren gehört seit je her zum Projektalltag des Mietwohnungsbaus. Um so mehr in heutigen Zeiten, wo in den Städten aufgrund des stark angestiegenen Mietniveaus verbunden mit Wohnraumknappheit das Angebot für einen respektablen Anteil der Wohnungssuchenden nicht mehr erschwinglich ist.

Zum anderen wird für immer mehr Menschen ein minimalistischer Lebensstil zum hippen Konzept. Der traditionelle Wohnungsgrundriss stellt dann eher eine Behinderung dar, gibt aufgrund der flächenmäßigen Zuteilung von Funktionen zu wenig Raum für die eigene Kreativität und Entwicklung der Möglichkeiten. Wo "Verzicht" an einem Ort eine Tür zu "Luxus" anderswo öffnet. Das Netz ist voll von entsprechenden Inhalten.
Hier findet der Architekt ein ambitioniertes Planungsfeld, das angetan ist verschiedenste Probleme des Mietwohnungsbaus zu lösen. An dieser Stelle will ich weniger den gestalterischen und konstruktiven Ansatz des Gebäudes mit seinem Umfeld beschreiben, sondern die Auswirkungen auf die Wohnungsgrundrisse und deren Ausstattung betrachten.
Die Einraumwohnung, das Loft auf eingedampfter Fläche, ist das Ideal. Verschiedene Funktionen des Wohnen können sich je nach Präferenz des Nutzers unterschiedlich stark entwickeln und miteinander in Beziehung stehen. Es zeigt sich Freiheit zur Selbstverwirklichung, aber fordert auch mehr Eigenverantwortung. Kinderspiel, Kochen, Büroarbeit, Ruhezone, Kommunikation untereinander und mit Freunden zeigen sich entsprechend in der Möblierungsanordnung des Nutzers. Wohnfläche kann optimal genutzt werden da Verkehrsflächen nahezu entfallen. Und der Minimalist sammelt kein Dekor, definiert sich durch seine Aktivitäten und nicht durch seinen Besitz. All dies spart für den Wohnungsgrundriss teuere Bauteile wie Wände, Türen, Oberflächengestaltung. Materialien sind Basisausführungen, Haustechnik ist elementar. Möchte der Vermieter unterstützen, kann er z. B. Ideenskizzen oder mobilen Sichtschutz stellen.

Insgesamt ist dies keine Lösung für den traditionellen Wohnungssuchenden, doch der wird mit den für ihn funktionierenden Grundrissen der 50er und 60er Jahre gut bedient.
Minimalistischer Wohnungsbau lässt sich gut in Neubaugebieten entwickeln, in Kooperation, mit Mut für das Neue.

Dienstag, 21. Februar 2017

Küchen im Mietwohnungsbau

"Die klassische Küche stirbt. Nahezu in jedem Neubau sind die Grundrisse inzwischen offen -
die Küche geht fließend ins Esszimmer über, und dieses geht fließend ins Wohnzimmer über.
Es gibt keine trennenden Wände mehr. Und das heißt: Es gibt hier auch keine klassischen Küchen mehr, sagt Markus Majerus, Sprecher der Möbelmesse IMM Cologne in Köln. Und der Trendforscher Frank A. Reinhardt glaubt, dass sich »die typischen Bezeichnungen Wohnzimmer oder Küche irgendwann auflösen."(Main Echo, 20.02.2017)
Glückwunsch dem Architekten für seine finanziell gutgestellte Bauherrin, die diesen Planungsansatz auch in der Bauausführung konsequent zu Ende verfolgt. Denn Anforderungen gibt es für die Ver- und Entsorgungsanschlüsse berücksichtigen, die Beleuchtung sollte speziell auf die Einrichtung abgestimmt sein, der Geräuscheschutz ist bei der Be- und Entlüftung der Kochzone sowie bei allen Küchengeräten wie Geschirrspüler, Kühlschrank etc. zu bedenken. Und dann sollte das Küchenmöbeldesign auch eine Einheit mit der Wohnraummöblierung bilden. Jeder ist seines Glückes Schmied - so weit so gut.
Auch im Mietwohnungsbau verfolgt der moderne Planer immer häufiger das Konzept der Küche im Wohnraum. Argumentativ unterstützt mit der populären Schilderung der Kochparty, die am liebsten am "Herd" beginnt und auch dort endet. Im Arbeitsbereich Küche fühlt man(n) sich am wohlsten.
Jedoch ausschließlich der Mieter als Nutzer muss nun auch in der Lage sein, auf seine Kosten die beschriebenen Anforderungen um zusetzten. Sonst stehlt sich weder beim Kochen noch beim Wohnen der gewünschte Wohlfühleffekt ein.
Jedoch für den Nutzer, der unter Kochen das konsumieren einer Kochsendung am Flatscreen verstehen, um sich danach eine Aluverpackung zu öffnen und das Gericht in der Microwelle zu erwärmen, mag dieser Wohnungsgrundriss ein Mehrwert sein. Schöne neue Welt!

Sonntag, 19. Februar 2017

Elbphilharmonie

In diesen Wochen lesen wir in vielen Fachpublikationen lobende Vorstellungen und Kommentare zur Elbphilharmonie. Ein Meilenstein der Architektur - sicherlich auch als Symbol für das technisch Machbare in die Zukunft weisend. Aber besteht auch Anlass für diesen uneingeschränkten Jubel?
In einer demokratischen Gesellschaft müssen derartige Projekte auch entsprechend legitimiert sein. Eine Baukostensteigerung von ca. 200 Millionen auf ca. 800 Millionen liegt vor; über eine letztendlich angestiegene Projektzeit von mehr als einem Jahrzehnt. Für die Baukosten sind Planer und Bauherr verantwortlich. Dem Planer ist die Verfolgung Kostenentwicklung als Pflicht auferlegt. Wenn es um öffentliche Gelder geht ist der Souverän die demokratische Gemeinschaft, nicht wie im Absolutismus der Monarch.
So besteht auch jenseits der populären aktuellen Diskussion, insbesondere für die Architektur- Schaffenden, neben Lob auch Anlass zur kritischen Diskussion. Die Zukunft mit anderen Projekten wird zeigen, ob Planer und Bauherr lernen konnten.

Samstag, 18. Februar 2017

Kostengünstiger Wohnungsbau

Beim 1. Aschaffenburger Wohnungsbauforum des Architekten- und Ingenieurverein Aschaffenburg verwies ein Teilnehmer auf die Anzahl der Wohnungssuchenden, für die selbst die aktuellen Mieten des sozialen Wohnungsbaus nicht bezahlbar sind.
Tatsächlich haben die hohe architektonische -, konstruktive - und Ausstattungsqualität trotz öffentlicher Subventionierung ihren Niederschlag auf die Mietpreise gefunden. Aus einem sozialen Wohnungsbau ist mehr ein öffentlicher geförderter Wohnungsbau geworden, der nicht mehr die Herstellung von preiswertem Wohnraum als Daseinsvorsorge als primäres Ziel verfolgt.
Sicherlich ist Bauen mit Qualität sowohl für die Nutzer als auch die Menschen im öffentlichen Raum eine Errungenschaft, dessen höherer finanzieller Aufwand zu rechtfertigen ist. Jedoch müssen wir bei hohem Druck nach bezahlbarem Wohnraum insbesondere in den Städten mit allen am Bauprozess Beteiligten schnell auch andere Lösungswege begehen.
Erforderlich hierzu sind nachfolgende Minimalanforderungen:

  • Bund und Länder stellen geeignete Förder- und Finanzierungsinstrumente zur Verfügung.
  • Kommunen stellen preisgünstige Grundstücke mit smarter Versorgung und Erschließung.
  • Verbände und Interessengruppen wirken auf eine deutliche Verschlankung der Gesetze, Verordnungen und Regeln des Bauens ein.
  • Stadtplanung stellt geeignete Bebauungspläne zur Verfügung.
  • Tragwerksplaner, Fachplaner und Architekten entwickeln wirtschaftliche und offene Konstruktionen.
  • Ausbaustand und Ausstattung kommen auf den Prüfstand.
  • Architekten bieten dem Nutzer Grundrisse mit hohem Potential an Möglichkeiten an.
  • Freiflächenplanung bietet dem Bewohner an und fordert ihn gleichwohl an.

Nach Qualität streben heißt auch die wirtschaftliche Komponente des Bauens zu beachten. Hierfür sollten die Planer mehr Würdigung und eine höhere finanzielle Entschädigung erhalten


Freitag, 17. Februar 2017

Willkommen

Auf dieser Seite werde ich zukünftig ausgewählte Gedanken und Meinungen zum Themenbereich Architektur mit Schwerpunkt Wohnungsbau veröffentlichen oder externe Veröffentlichungen verlinken. Dies soll in unregelmäßigen Zeitabständen und in loser Form erfolgen. Baupolitik, Regeln und Verordnungen, Planung und Konstruktion, Energie und Ressourcen können Unterthemen sein. Regionales wird überwiegend meinen Wirkungskreis Aschaffenburg betreffen.

Ziel ist es mit Ihnen in einen Austausch über die Themen zu kommen. Ich freue mich, wenn ich Sie interessieren kann und Sie meinem Blog folgen. Insbesondere bin ich jedoch auch auf Ihre Position gespannt. Ich wünsche uns allen eine anregende Kommunikation.